Plenarveranstaltungen
Dienstag 07.10.14 | Mittwoch 08.10.14 | Donnerstag 09.10.14 |
Gewalt und Krieg | Disruptiver sozialer Wandel | Soziologie der Krise |
Krise (in) der Öffentlichkeit | Die Eurokrise: Herausforderung der Moderne | Akteure (in) der Krise |
Die Zukunft der Zukunft: Zeitstrukturen und Zeithandeln im Wandel | Krisenfeste Individuen? Zur Relevanz und Kritik normativer Subjektperspektiven | Die Krise des Mittel-Maßes
|
Plenum I - Gewalt und Krieg (Dienstag, 07.10.2014)
Gewalt und Krieg gelten gemeinhin als Ausnahmezustand von Sozialität. Sie werden als eruptive Unterschreitung gewonnener und ansonsten akzeptierter gesellschaftlicher Standards erachtet, die massive ? individuelle, institutionelle, gesamtgesellschaftliche ? Krisen verursacht und/oder selbst Ausdruck ebensolcher Krisen ist. Krieg und Gewalt gelten zudem als anti-sozial, insofern sie nicht nur menschliches Leben beschädigen oder vernichten, sondern auch lebensweltliches und institutionelles Vertrauen zerstören. Andererseits kann nicht übersehen werden, dass im Zuge von Gewalt und Kriegen gesellschaftliche Routinen auf der Mikro- wie der Makroebene entstehen. Gewalt z.B. kann als Moment der Vergemeinschaftung ritualisiert, strukturell vergeschlechtlicht sein oder als Ausdruck der sozialen »Ordnungswut« (Zygmunt Bauman) moderner Gesellschaften verstanden werden.
Das Plenum will die soziologische Debatte zu Gewalt und Krieg im Kontext einer kritischen Diskussion der Krisensemantik führen und dabei möglichst vielfältige theoretische wie empirische sowie heuristische Perspektiven miteinander ins Gespräch bringen.
Beiträge | Gewalt - ein systematisch notwendiges Element einer allgemeinen Theorie sozialer Ordnungsbildung |
Gesa Lindemann (Oldenburg) | |
Die intrinsische Sozialität des Folteraktes | |
Frithjof Nungesser (Graz) | |
Jenseits des Ausnahmezustands. Veralltäglichungsprozesse im Bürgerkrieg | |
Teresa Koloma Beck (Berlin) | |
Der Fußabdruck gesellschaftlicher Ordnung in Kriegen: Der Schutz von Zivilisten und die Angst vor toten Soldaten | |
Barbara Kuchler (Oldenburg) | |
Kann Gewalt legitim werden? Zum Zusammenhang von kriegerischer Gewalt und Staatsbildung gestern und heute | |
Klaus Schlichte (Bremen) | |
Organisation | Katharina Inhetveen (Siegen), Thorsten Bonacker (Marburg) |
Raum | HS 3 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum II - Disruptiver sozialer Wandel (Mittwoch, 08.10.2014)
Viele Soziologinnen und Soziologen scheinen sich daran gewöhnt zu haben, sozialen Wandel als langsame und bisweilen sogar in ihrer Gemächlichkeit kaum mehr wahrnehmbare Veränderung zu sehen, die geradezu erwartbar geworden und damit vergleichsweise leicht in Alltagsroutinen einzubauen ist. Rapide, sich beschleunigende oder gar plötzliche, Erwartungshorizonte und Routinen »sprengende« (Fundamental?)Transformationen und (Struktur?)Brüche, exponentiale Dynamiken entlang nicht-linearer Verlaufsbahnen, Katastrophen und Revolutionen werden dagegen seltener thematisiert oder an benachbarte Disziplinen (wie die Wirtschafts-, die Geschichts- oder die Politikwissenschaften) delegiert: Im Rahmen der gängigen soziologischen Wissenschafts- und Karriereroutinen scheint eine Beschäftigung mit Fällen und Formen krassen sozialen Wandels (Lars Clausen), mit unklaren Verhältnissen und offenen Situationen meist zu riskant.
Demgegenüber ist die jüngere Gesellschaftsgeschichte geradezu geprägt von rasanten, radikalen und unvorhersehbaren Veränderungen: Sei es die sich von einer Technikgeneration zur nächsten beschleunigende, zugleich jedoch immer schneller an Sättigungsgrenzen stoßende Ausbreitung technischer Innovationen und neuer Produkte; sei es die ? auch dadurch mitgeformte ? (Ausbreitungs?)Geschwindigkeit ökonomischer wie ökologischer Risiken und Bedrohungen; oder seien es die manchmal überraschend schnellen und erstaunlich tiefgreifenden politischen Reaktionen darauf (z.B. »Energiewende« in Deutschland).
Offen ist dabei, ob die Soziologie für die Analyse solcher Geschehnisse auf ihr bisheriges theoretisches Instrumentarium zurückgreifen kann, oder ob man ihr einen eingebauten Hang zum »theoretischen Gradualismus« vorhalten muss, der disruptiven sozialen Wandel nicht oder nur verfälschend einzufangen vermag. Gefordert sind daher theoretisch fundierte und möglichst empirisch gesättigte Auseinandersetzungen mit rapiden und/oder radikalen Veränderungen, die das Risiko eines »Neudenkens« sozialen Wandels in modernen Gesellschaften nicht scheuen.
Beiträge | Synchronisation statt Disruption? Eine gesellschaftstheoretische Folgenabschätzung kollaborativer Transformationsforschung |
Tanja Bogusz (Berlin), Martin Reinhart (Berlin) | |
Stabilisierende Dynamik. Zur Paradoxie der modernen Gesellschaft | |
Uwe Krähnke (Leipzig) | |
Wandel in der selbstorganisiert-kritikalen Weltrisikogesellschaft. Das Beispiel des transnationalen Terrorismus | |
Thomas Kron (Aachen) | |
Die Ordnung der Dramatisierung ? disruptiver sozialer Wandel im Licht soziologischer Zeitdiagnostik | |
Oliver Dimbath (Augsburg) | |
Organisation | Martina Löw (Berlin), Hartmut Rosa (Jena) |
Raum | HS 5 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum III - Soziologie der Krise (Donnerstag, 09.10.2014)
Das weitgehende Fehlen systematischer Arbeit am Krisenbegriff führt zu Zweifeln an der Trennschärfe und dem analytischen Zugewinn seiner soziologischen Verwendung. Die Beiträge des Plenums sollen auf die Konturierung einer »Soziologie der Krise« hinarbeiten, wobei sowohl theoretisch-konzeptionelle als auch vor allem empirisch-komparativ angelegte Arbeiten zu folgenden Themenkomplexen von Interesse sind: (a) Die Entwicklung von Kriterien zur soziologischen Verwendung des Krisenbegriffs, die u.a. ? ausgehend von Krise als Selbstbeschreibungskonzept der Moderne ? über Analysen semantischer Zusammenhänge zu anderen typisch modernen Begriffen (Entwicklungs-, Fortschritts-, Bedrohungssemantiken etc.), Gegenbegriffen zu Krise (wie Alltäglichkeit, Routine, Stabilität etc.) und den mit diesen einhergehenden Bedeutungsverschiebungen zu gewinnen wären. (b) Die Abgrenzung des Krisenbegriffs von Begriffen wie jenen der Katastrophe, der gesellschaftlichen Paradoxien, der sozialen Widersprüche, der Ambivalenzen, der gesellschaftlichen Dialektik, des Risikos oder der Nebenfolgenproblematik. (c) Methodologische Reflexionen über den heuristischen Wert des Krisenbegriffs für theoretische wie empirische Forschung. Damit verbunden sind Analysen der mit dem Begriff einhergehenden analytischen Probleme und Herausforderungen. (d) Komparative Analysen von Krisen, die es ermöglichen, unterschiedliche Typen, Grade, Schwellenwerte und Verlaufsmuster von Krisen ? und damit den Krisenbegriff insgesamt ? empirisch begründet zu differenzieren.
Beiträge | Krise und Kritik in soziologischer Perspektive |
Frank Welz (Innsbruck) | |
Europäische Krisen und ihre politische Perzeption | |
Jenny Preunkert (Leipzig) | |
Handeln in der Krise: Risikokulturen in Europa | |
Kerstin Dressel (München), Patricia Pfeil (München) | |
Organisation | Eva Barlösius (Hannover), Wolfgang Bonß (München) |
Raum | HS 3 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum IV - Krise (in) der Öffentlichkeit (Dienstag, 07.10.2014)
Der öffentliche Raum als Ort der diskursiven Selbstverständigung verhandelt derzeit multiple Szenarien als Krisenphänomene: Drohende Staatsinsolvenzen, sinkende Energiereserven, schrumpfendes Vertrauen in Entscheidungsträger oder (hoch-)schulpolitische Problemlagen werden jeweils als Finanz-, Energie-, Vertrauens- oder Bildungskrise gedeutet. »Krise« ist demnach ein gängiger Modus der gesellschaftlichen Selbst- und Fremdthematisierung und als mediale Zuschreibung omnipräsent. Dies betrifft auch die Öffentlichkeit selbst, die von den um sich greifenden Krisendiagnosen nicht ausgeschlossen ist. Der öffentliche Raum, so die Kritik, erfahre eine umfassende Depolitisierung, Kommerzialisierung und Stratifizierung, was Selbstverständigungsdiskurse und politische Deliberation unterwandere. Selbst die seit Mitte der 1990er Jahre kursierenden Annahmen zum Demokratisierungspotenzial des Internets sind zwischenzeitlich pessimistischeren Deutungen gewichen, welche die staatliche Online-Überwachung, die kommerzielle Datennutzung, internetgetriebene Skandalisierungen oder die Grenzverschiebung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit fokussieren. Gegenstand des Plenums sind Analysen der öffentlichen Diskussion spezifischer Krisen, Untersuchungen der medialen Krisendarstellung, Arbeiten zum deliberativen Potenzial neuer Medien, zum Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit und der Gangbarkeit der »Raum«-Metaphorik des Öffentlichen sowie allgemeine und konzeptionelle Reflexionen zur Krisenhaftig- bzw. Funktionsfähigkeit der Öffentlichkeit.
Beiträge | Die Normalisierung von Krisen in der Öffentlichkeit als Krise der Öffentlichkeit. Das Beispiel der Rechtsextremismus-Debatten |
Marek Czyzewski (Lodz/?ód?) | |
Experimente in #Neuland. Krisendiskurse und gesellschaftliche Dynamiken neuer Medien im Spiegel politischer Öffentlichkeit | |
Florian Süssenguth (München) | |
Der NSA-Skandal als Krise der Demokratie? Selbstreflexionen der Öffentlichkeit in der Privacy-Arena | |
Jörn Lamla (Kassel), Carsten Ochs (Kassel) | |
Krise der Privatheit: Zur Dialektik von Privatheit und Öffentlichkeit im Informationskapitalismus | |
Sebastian Sevignani (Jena) | |
Öffentlichkeit durch Unterhaltung: Krise der Öffentlichkeit oder Herausforderungen der Öffentlichkeitstheorie? | |
Udo Göttlich (Friedrichshafen) | |
Film als Krisenmedium. Die Verarbeitung sozialer Krisenerfahrungen im Medium fiktionaler Narrative | |
Jörn Ahrens (Gießen) | |
Organisation | Kornelia Hahn (Salzburg), Andreas Langenohl (Gießen) |
Raum | HS 5 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum V - Die Eurokrise: Herausforderung der Moderne (Mittwoch, 08.10.2014)
Die gemeinsame Europäische Währung stellt den bisher tiefsten Eingriff in die nationale Souveränität und individuellen Lebensverhältnisse der Euromitglieder und darüber hinaus dar. Sie setzt Politik unter einen davor nicht gekannten Zugzwang. Krise und Kriseninterpretationen im Euroraum sprechen dafür, dass es sich tatsächlich um eine Entscheidungssituation handelt. Setzt sich in der Eurokrise die Moderne über den Nationalstaat hinaus durch? Oder droht der Verlust einer ihrer zentralen Gehalte: die Idee gesellschaftlicher Selbstgestaltung? Einerseits hat die Eurokrise das Demokratiedefizit der EU offensichtlich gemacht, und die Dominanz der nationalstaatlichen Exekutiven im Eurokrisenmanagement hat es noch verstärkt, andererseits bewirkt die Krise einen Schub konflikthafter europäischer Gesellschaftsbildung.
Beiträge | Zum Einfluss transnationaler Netzwerkeinbindung europäischer Bürger auf Einstellungen zur Finanzhilfe in zwei europäischen Ländern |
Julia Häuberer (Hamburg) | |
Eurokrisen als Entdeckungsverfahren. Die Politisierung europäischer Vergesellschaftungsprozesse | |
Martin Heidenreich (Oldenburg) | |
Geldvertrauen ? Geldmisstrauen ? Geldfatalismus. Anmerkungen zur Eurokrise | |
Klaus Kraemer (Graz) | |
Podiumsdiskussion | Gast: Fritz W. Scharpf (MPIfG Köln) |
Organisation | Andrea Maurer (Trier), Maurizio Bach (Passau) |
Raum | HS 3 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum VI - Akteure (in) der Krise (Donnerstag, 09.10.2014)
Die Zunahme von Orientierungs- und Sinnkrisen des modernen Menschen ist ein wiederkehrender zeitdiagnostischer Befund. Als Ursachen hierfür werden individuelle Verunsicherungen und Zerrissenheiten ausgemacht, die mit gesellschaftlichen Metaprozessen wie Individualisierung, Pluralisierung, Optionalisierung, Mediatisierung und allgegenwärtiger Beschleunigung einhergehen. Unter Zugrundelegung eines handlungstheoretischen Verständnisses von Krise als einem relevanten, d.h. existentiell bedeutsamen Problem, für das keine (Routine-)Lösungen bereitstehen, geraten (subjektive) Krisenerfahrungen, körperliche und handlungsbezogene Krisen-Manifestationen sowie diesbezügliche Verarbeitungspraxen bis hin zu Handlungsinnovationen in den Blick, mit denen individuelle Akteure Krisen zu bewältigen und Normalität herzustellen suchen. Dabei werden aber nicht nur bei individuellen, sondern auch korporativen Akteuren (Medien, Betrieben, Universitäten, bürokratischen Organisationen usw.) und Institutionen (z.B. Ehe, Familie, Kunst, Kirche, Recht) Krisen diagnostiziert. Hiermit werden Probleme des Systemvertrauens, der Legitimation, Glaubwürdigkeit bzw. Akzeptanz auf den Plan gerufen.
Anhand theoretisch und empirisch gesättigter Arbeiten sollen in diesem Plenum Akteure in der Krise und deren Strategien der Bewältigung identifiziert werden. Beiträge zu diesem Plenum fragen aber auch nach individuellen und korporativen Akteuren, die an der Konstruktion von Krisen beteiligt sind, d.h. diese (in der Regel für andere) identifizieren und Angebote für deren Bewältigung entwickeln und bereitstellen. Wer sind die Handelnden einer Krise? Wem wird so genannte »Krisenexpertise« zugerechnet? Wer verfügt über die Deutungsmacht, etwas aufgrund welcher Wissensbestände und Zuschreibungen als »Krise« auszurufen? Inwiefern unterscheiden sich Krisendeutungen von (politischen, ökonomischen, kulturellen) Eliten auf der einen Seite von denen des gesellschaftlichen Diskurses (der ?öffentlichen Meinung?) auf der anderen Seite? Mit Beiträgen zu Akteuren der Krise soll zugleich der Gehalt von Krisendiagnosen kritisch beleuchtet werden.
Beiträge | Nichts als Coping: Die Lebensführung der Mittelschichten auf dem Weg in den Sub-Inkrementalismus? |
Uwe Schimank (Bremen) | |
Akteure (in) der Krise: Hochqualifizierte ? Krise zwischen Frist und Plan | |
Nadine Sander (Lüneburg) | |
Schwanger! Eine biografische und theoretische Krise | |
Stefan Hirschauer (Mainz) | |
Krise ohne Ende? Krisen-Trajektorien und Krisen-Netzwerke chronisch Erkrankter | |
Rainer Schützeichel (Bielefeld) | |
Akteure (vor) der finalen Krise: Patientenverfügungen als symbolische Krisenbewältigung | |
Kai Brauer (Feldkirchen); Larissa Pfaller (Erlangen) | |
Organisation | Maximilliane Wilkesmann (Dortmund), Ronald Hitzler (Dortmund) |
Raum | HS 5 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum VII - Die Zukunft der Zukunft: Zeitstrukturen und Zeithandeln im Wandel (Dienstag, 07.10.2014)
Wir leben in paradoxen Zeiten gleichzeitiger Aufwertung und Abwertung der Zukunft. Auf der einen Seite spielen in gesellschaftlichen Diskursen über Nachhaltigkeit, Bildungschancen oder Altersvorsorge Vorstellungen von der Qualität zukünftigen, individuellen wie kollektiven Lebens und Zusammenlebens eine wesentliche motivierende Rolle. Auf der anderen Seite stellen gesellschaftliche Strukturentwicklungen wie der übermäßige und immer weiter wachsende Ressourcenverbrauch, die massenhaft ausbleibende oder allenfalls prekäre Einmündung jüngerer Alterskohorten in den Arbeitsmarkt sowie der Rückbau öffentlicher sozialer Sicherungssysteme und die Grenzen der Wachstumsgesellschaft eben diese ? mehr oder weniger langfristig orientierten ? Vorstellungen einer ?besseren? Zukunft tendenziell in Frage. Das Plenum fragt nach den Krisen der Zukunft, nach dem Spannungsverhältnis von Zukunfts- und Gegenwartsbezug sozialen Handelns und nach den Grenzen eines gegenwärtigen Zugriffs auf zukünftige Gegenwarten auf drei Ebenen. Auf der Ebene der Individuen geht es um Fragen veränderter Zeit- und insbesondere Zukunftsperspektiven im Zeichen krisenhaften sozialen Wandels ? im Jugend- wie im höheren Alter, in ?traditionellen? wie in ?avantgardistischen? Sozialmilieus. Auf der Ebene von Organisationen ist von Interesse, welche ? in Bildung, Wirtschaft oder Politik spezifischen ? institutionellen Umgangsformen mit der Zukunft hier an der Tagesordnung sind. Und auf der Ebene gesellschaftlichen Strukturwandels und sozialer (und auch soziologischer) Diskurse soll die Frage verhandelt werden, in welcher Weise ? als Chance oder als Bedrohung ? Zukunft gerahmt wird, inwiefern im Namen der Zukunft mit der Vergangenheit gebrochen wird und ob es ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Zukunftsszenarien vergangener Gegenwarten gibt.
Beiträge | Begrüßung und kurze Einführung |
Sighard Neckel (Frankfurt am Main), Nadine Schöneck-Voß (Bremen) | |
Fiktionale Erwartungen und kapitalistische Dynamik | |
Jens Beckert (Köln) | |
Geht der Mittelschicht die Zukunft aus? Bedingungen und Konsequenzen von Zeitorientierungen im Wandel | |
Nicole Burzan (Dortmund) | |
Im Zukunftsfieber. Zur Zeitstrukturierung der Technowissenschaftskultur am Fall der digitalen Fabrikation | |
Sascha Dickel (München) | |
Allgegenwärtige Potentialität. Zukunftsträchtigkeit als gesellschaftliche Formgeberin unserer Zeit | |
Denis Hänzi (Darmstadt) | |
Organisation | Nadine Schöneck-Voß (Bremen), Sighard Neckel (Frankfurt am Main) |
Raum | HS 6 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum VIII - Krisenfeste Individuen? Zur Relevanz und Kritik normativer Subjektperspektiven (Mittwoch, 08.10.2014)
Individuelle Autonomie und Handlungsfähigkeit gelten in der Soziologie als positive Bezugspunkte für gelungene Biographien. Krisen werden vor diesem Hintergrund mit Blick auf den Verlust dieser Fähigkeiten thematisiert, der seinerseits zumeist auf strukturelle (z.B. institutionelle) Restriktionen zurückgeführt wird. Nun ließe sich jedoch angesichts der jüngeren Prekarisierungs- und Prekaritätsdiagnosen wie den sich anschließenden theoretischen und empirischen Debatten fragen, ob das Leitmotiv größtmöglicher individueller Autonomie normativ, empirisch und heuristisch überhaupt trägt. Wäre nicht z.B. die Figur des »post-souveränen Subjekts« (Judith Butler) plausibler, um die aktuellen Dynamiken im Verhältnis zwischen der subjektiven und der Ebene der sozialen Strukturen zu untersuchen? Läuft aber andererseits diese Vorstellung nicht Gefahr, empirische Ungleichheitsverhältnisse zu entproblematisieren oder gar zu romantisieren?
Eine kritische Revision der normativen Subjektvorstellungen der Soziologie, wie sie das Plenum zu leisten sucht, ermöglicht eine Diskussion darüber, was als ?biographische Krise? gilt und wie diese begrifflich gefasst werden kann ? und auch darüber, wie sich die soziologische Forschung zu den gesellschaftlichen Krisendiskursen und den entsprechenden sozialtechnologischen Therapien (Stichwort Resilienz z.B.) verhält.
Beiträge | Krise der Mitmenschlichkeit oder: Wie selbst-bewusst muss "Meinesgleichen" sein? |
Ronald Hitzler (Dortmund) | |
Postheroisches Individuum ? überfordertes Individuum. Konzeptionelle Anmerkungen | |
Anna Henkel (Oldenburg) | |
Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist... Milieuspezifische Subjektkonstruktionen und die Bewältigung erwerbsbiographischer Krisen | |
Kornelia Koppetsch (Darmstadt), Sarah Speck (Darmstadt) | |
Risikoäquivalenz und begrenzte Autonomiegewinne. Zur Wirksamkeit normativer Assistenzstrukturen | |
Stefan Selke (Furtwangen) | |
Organisation | Elisabeth Tuider (Kassel), Ulrich Bröckling (Freiburg) |
Raum | HS 6 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |
Plenum IX - Die Krisen des Mittel-Maßes (Donnerstag, 09.10.2014)
Die Mitte zu finden galt dem traditionalen Denken als Ausdruck von Tugend. Hybris (»Selbstüberhebung«) kam vor dem Fall. Im Zuge der Entwicklung des modernen Weltbildes dagegen hat das Mittel-Maß eine radikale Abwertung erfahren. Mittel-Maß wurde zur Vorstufe des Abstiegs. Historisch früh manifestiert sich der Abstieg des Mittel-Maßes im Geniekult und in der Hochschätzung des Neuen, vor allem in Wissenschaft und Kunst. In der Gegenwart hat der Begriff Mittel-Maß eine stark pejorative Bedeutung. Die Mitte der Gesellschaft ist sozial und ökonomisch unter Druck geraten. Die Gesellschaftsbeobachtung ist auf Extremwerte, einerseits auf »Originalität« und »Exzellenz«, andererseits auf »Versagen« und »Problem« eingestellt. Was sind die Ursachen solcher Prozesse und welche Gegenbewegungen gibt es? Und wie wirkt die Krise des Mittel-Maßes auf die Extremwerte; was passiert mit Exzellenz und Versagen, wenn das Mittel-Maß verschwindet?
Beiträge | Mittelschicht ohne Mittelmaß ? Bedingungen und Perspektiven einer klassenkulturellen Emanzipation der Mittelschicht |
Olaf Groh-Samberg (Bremen) | |
Exzellenz statt Mittelmaß. Zur Karriere eines Leitbegriffs der Gegenwart | |
Tobias Peter (Freiburg) | |
Kreative Zerstörung als Rückkehr genialer Gewöhnlichkeit: LEGO, die Kulturtragödie der Exzellenz und die Expropriation des Brickolariats | |
Matthias Varul (Exeter) | |
Organisation | Anne Waldschmidt (Köln), Hans-Georg Soeffner (Essen) |
Raum | HS 6 |
Uhrzeit | 9.00 - 12.00 |